Priedemost - Vorbrücken,
... woher der Name kam
(Auszug aus Priedemost, Ort und Landschaft)
Der Hinweis im alten Glogauer Wochenblatt, unser Dorf habe in alten Zeiten „Pridom” geheißen, gibt zu einigen interessanten Überlegungen Anlass.
Zunächst einmal: Wenn vom Verfasser jener „Nachrichten von Glogau” bei der Schilderung der Verhältnisse um 1200 – 1300 die Schreibweise der neueren Zeit gebraucht und dann bei „Pridom” von alten Zeiten gesprochen wird, ist damit sicher die Zeit vor 1250 gemeint, denn die verschiedenen Schreibweisen von „p r z e d – m o s t” werden urkundlich erst für die Zeit nach 1250 nachgewiesen.
Es sollte uns diese Uralt-Schreibweise nicht sonderlich berühren, es ist aber doch reizvoll, der Sache nachzugehen, zumal auch in einer anderen Quelle von „Pridom” gesprochen wird.
Betrachten wir zunächst die erste Notiz. „Schloß Pridom” heißt es da. Der Wortteil „dom” bedeutet in den slawischen Sprachen soviel wie „Haus”; es ist durchaus angängig, wenn man sich schon in Spekulationen begeben will, hiervon die Bedeutung „festes Haus” oder „befestigter Platz”, also „Burg” oder „Schloss” abzuleiten, zumal es sich um das Haus eines Herzogs handelt, das, wie wir erfahren, recht ordentlich, wenn auch bescheiden, befestigt war. Danach hätte also der Herzog ein Schloß Pridom bewohnt, wobei man nur mit der Vorsilbe „Pri-” nichts Rechtes anzufangen wüsste. Das wird aber bald etwas lichter, wenn man nicht nur das Schloß, sondern den ganzen Gutsbereich ins Auge fasst. Da wird einmal von einem Schloß, zum andern aber auch von einem Dorf „Pridom” (manchmal auch „Priedom” geschrieben) gesprochen. Streng genommen müsste man sich für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden, es sei denn, man könnte noch eine ganz andere Erklärung finden. Ich halte folgendes für richtig und bitte den Leser, sich zu erinnern: Wir kennen doch z.B. das Dorf Klein-Gräditz und innerhalb dieses die Bezeichnung „Schloß Klein-Gräditz”. So etwa sehe ich auch unseren Fall. Die Vorsilbe „Pri-” bedeutet im Slawischen soviel wie „vor”, „bei”, „neben”. Gut und Umgebung durften also sehr wohl „pridom” oder „przed-dom”, was das gleiche wäre, heißen, wenn da von Anfang an die wenigen Hütten, die vor, bei, neben dem Schloß (oder auch dem Gutshof) angebaut waren und den Menschen dienten, die durch ihre Arbeitsverpflichtungen mit dem Gut in fester Verbindung standen, ebenfalls mit gemeint waren. Dann hätten wir eine durchaus einleuchtende Parallele zu unserem Fall Klein-Gräditz. Der Berichterstatter ging also nicht fehl, wenn er einmal das Schloß allein, dann aber auch den ganzen kleinen Ort „Pridom” genannt sein ließ.
Nun kämen wir aber mit unserem „Przedmost” in die Enge, es sei denn, wir fänden eine historisch als richtig denkbare Lösung.
Wie verschlungen die Wege der alten Geschichte manchmal sind, mag noch durch das Folgende beleuchtet werden. In einer alten Karte des Fürstentums Glogau von Scultetus, die um 1600 datiert ist, ist auch unser Ort verzeichnet. Er heißt dort „Priedomost”. Ob nun hier lediglich ein Schreibfehler oder eine ungenaue Kenntnis der örtlichen Umstände vorliegt, oder ob die Bezeichnung „Priedomost” in einer Zeit galt, in der eine allmähliche Wandlung von „Priedom” zu „Przedmost” sich vollzog, darüber etwas genaues zu sagen liegt nun wirklich außerhalb unserer Möglichkeiten. Diese Karte von Scultetus gibt aber überraschenderweise noch weitere Rätsel auf.
Zunächst heißt es in einer „Beschreibung größerer Orte im Fürstentum Glogau”: „Pridom liegt zwischen der Goldbach und dem Neuen Graben ---”. Die genannte Karte zeigt nun auch den Goldbach, deren Quelle bei einem Ort Goldbrunn zu finden ist; dieser Ort ist im „Atlas von Schlesien”, der um etwa 1850 bis 1860 gedruckt sein muss, auf der Karte des Kreises Groß-Glogau nicht mehr zu finden. Der Ort muss, wenn man nun die alten Karten mit den neuesten vergleicht, zwischen Kummernick und Petersdorf gelegen haben, etwa dort, wo später Golschwitz zu sehen ist. Weiter ergibt ein genaues Studium der alten Karte (von etwa 1850 bis 1860) der Kreise Groß – Glogau/Fraustadt das Folgende:
Wenn man unseren Mühlgraben von Priedemost über Rettkau – Altwasser – Suckau zur Quelle hin zu verfolgen versucht, findet man etwa in der Mitte zwischen Suckau und Musternick an Bach- und Waldrand entlang mehrere Mühlen, schließlich verbreitert sich unser Bach an mehreren Stellen teichartig, und an einem dieser Teiche entdecken wir eine Goldbach-Mühle. Wenn wir dann dem Bachlauf weiter folgen, sehen wir mitten im Forst sogar den Namen Goldbach, auch ein Goldbachtal ist zu entdecken. Die Quelle dieses Baches nun sehen wir, noch im Walde, bei einer Höhe 160 m an einem Wege, der dann aus dem Walde heraus hinunter nach Musternick führt.
Das wir diesen Bach als die Mutter unseres Mühlgrabens ansehen dürfen, erweist die Tatsache, dass diese Karte sogar alle drei Namen an ein- und demselben Bach zeigt. Außer dem Namen Goldbach, von dem wir nun genügendes gehört haben, lesen wir zwischen Altwasser und Rettkau „Herzogsgraben”, und bei Priedemost, etwa in der Nähe der Grenzweg – Brücke, lesen wir schlicht und uns allen am geläufigsten „Mühlgraben”. Wenn wir hinzunehmen, dass der Ort Musternick nach der Umbenennungswelle Herzogstal hieß, so sind wir bei dem Versuch, die Namensgebung „przed-most” zu klären, von anderer Seite her wiederum auf unseren Herzog gestoßen. Offen scheint es nun wirklich wieder, von welcher Stelle und von welchem Zeitpunkt an unser Herzogsgraben diesen Namen bekam, und ob etwa bei der Festlegung des Ortsnamens „Herzogstal” auch eine Rückbesinnung auf herzogliche Aktivitäten in dieser Landschaft vorlag.
Noch aber fehlt, über den Namensteil „Priede – most” nachzudenken – versuchen wir´s!
Es ist eine historische Tatsache, dass dann, wenn neue deutsche Siedler zu bestehenden alten Ortschaften hinzu gesetzt wurden, drei Möglichkeiten für eine Festlegung des Namens eines Ortes bestanden. Da blieb etwa der alte slawische Name einfach bestehen. An anderer Stelle nannte man den vorhandenen Ortsteil mit der Vorsilbe „Alt---”, den neu gesiedelten mit Neu---” (etwa wie bei Alt- und Neustrunz anzunehmen ist). Diese beiden Möglichkeiten, besonders natürlich die erstere, fanden Anwendung, wenn das slawische Element in der Überzahl war und damit das bestimmende blieb. Schließlich gaben auch die neuen Siedler ihrem Dorf den Namen des Ortes, aus dem sie gekommen waren. So gab es Ortsnamenswanderungen von Süddeutschland über Sachsen und Mitteldeutschland bis hinauf nach Ostpreußen. Bei unserem Orte Priedemost ging man offenbar einen anderen Weg. Da Glanz und Bedeutung verloren, wird es den slawischen und deutschen Ortsbewohnern nicht schwer gefallen sein, den örtlichen Gegebenheiten entsprechend (Ort vor den vielen Brücken über die Bäche in der Niederung) sich auch nun „Przedmost”, vor den Brücken, zu einigen, denn slawisch „most” heißt Brücke! Dies setzt allerdings voraus, dass die neuen deutschen Siedler nicht die Kraft und den Willen besaßen, sich mit ihren eigenen Vorstellungen, etwa einem rein deutschen Namen, durchzusetzen. So bildete sich die Ortsbezeichnung „Przedmost”, eben „Priedemost”, heraus, und sie mag auch durchaus den deutschen Siedlern als sinnvoll erschienen sein.
So erweist sich auch die Eindeutschung „Vorbrücken” um 1937 als gute Übersetzung und historisch vertretbar. Und seit 1945 heißt Priedemost wieder „Przedmoscie”!