Der Gemüseanbau

„Marktmachen” und zum
     Markt fahren in Priedemost.

Seit vielen Generationen war der Gemüseanbau für einen großen Teil der Einwohner von Priedemost ein wichtiger Erwerbszweig. Der überwiegende Teil des geernteten Gemüses wurde auf dem Glogauer Wochenmarkt angeboten. In der Regel fand der Wochenmarkt jeden Dienstag und Freitag statt. Nur durch besondere Umstände, etwa wenn die Weihnachtsfeiertage auf diese Wochentage fielen, wurde von dieser Regel abgewichen.

Auf dem umfangreichen Glogauer Wochenmarkt waren die Stände der Priedemoster Gemüsegärtner vor allem auf der Nordseite des Marktes, von der Ecke Mühlstraße bis Ecke Kupferschmiedestraße, sowie auf der gegenüberliegenden Straßenseite und einige Stände auf der Ostseite des Marktes vor dem Stadttheater. In den letzten 4 - 5 Jahren vor der Vertreibung gab es dann aber an der Ostseite mehrere Reihen an Gemüseständen, dort, wo gewöhnlich die Taxis ihren Platz hatten. Jeder Marktfahrer hatte immer den gleichen Platz. Als Standgeld kassierte die Stadt Glogau zehn Pfennig pro laufenden Meter Stand. War der Gemüseanbau schon arbeitsintensiv, so war es das Ernten und Herrichten für den Verkauf ebenso. Montag und Donnerstag waren die Tage, an denen das Gemüse zurechtgemacht wurde, was man kurz als „marktmachen” bezeichnete. Wie und Was an Gemüse auf den Markt gebracht wurde, hing natürlich von der Jahreszeit ab.

Sehr unterschiedlich waren die Mengen, die die jeweiligen Familien an Gemüse angebaut haben und zum Markt brachten. Einige Gemüseanbauer fuhren während der kalten Jahreszeit nicht zum Markt, es waren wohl solche, die mehr von der Landwirtschaft als vom Gemüseanbau lebten. Die Gemüseanbauer waren durchweg Familienbetriebe, das heißt, ohne Knechte und Mägde. Allerdings arbeiteten oft die erwachsenen Kinder im elterlichen Betrieb und ebenso die alten Leute bei ihren Kindern.

Um mit dem Gemüse auf den Wochenmarkt zu gelangen, brauchte man ein Pferdefuhrwerk. Die Wegstrecke von Priedemost bis Glogau betrug 6 - 8,5 km, je nach der Lage, in der man im Dorf wohnte. Als Wagen wurden überwiegend die bekannten Planwagen benutzt, doch auch hier machte sich der Fortschritt bemerkbar: es gab schon etliche gummibereifte Wagen. Etwa im Jahr 1933 entstand der erste gummibereifte Marktwagen, in Eigenbau hergestellt, als Grundgestell diente der Rahmen eines ausgedienten Autos.

Einige der Gemüsegärtner hatten kein Pferd, sie bearbeiteten ihre Äcker mit einem Kuhgespann und einige wenige hatten auch kein Kuhgespann. Zur Fahrt nach Glogau zum Wochenmarkt waren jene auf die Mitnahme ihrer Körbe durch einen Pferdewagen angewiesen, was man heute als Fahrgemeinschaft bezeichnen würde. Die Pferdekutscher waren immer Männer, die Mitfahrer immer Frauen.

Das „Marktmachen” dauerte oft bis in den späten Abend und dann wurde durchweg der Wagen noch geladen, denn am nächsten Morgen, zwischen 5 - 6 Uhr, ging es ab nach Glogau. Das Gemüse war zum Transport meist in rechteckige, konisch geflochtene Weidenkörbe verpackt. Diese Körbe ließen sich in leerem Zustand leicht ineinander schlichten und es gab sie auch in unterschiedlicher Größe. Mit dem Verkauf des letzten Wintergemüses begann in fließendem Übergang das neue Gemüsejahr. Das alte Gemüsejahr (mit Wintergemüse) war also nicht abrupt zu Ende und das Frühjahr begann voll mit jungem Gemüse, sondern es war ein Nebeneinander das sich etwa von Februar bis Ende Mai hinzog. Die Art des Nebeneinander hing auch sehr von den Anbaumöglichkeiten des jeweiligen Gemüsegärtners ab. Mit einigen Gemüsearten, z. B. Möhren, versuchte man, durch gute Lagerung in kühlen Kellern oder Mieten, bei uns meist Gruben genannt, das Angebot bis nahe an die neue Ernte zu bringen. Dieses Gemüse, auch Lagergemüse genannt, hatte früher im Winterhalbjahr eine große Bedeutung. In der Stadt gab es natürlich damals auch schon verschiedenes Treibgemüse in der kalten Jahreszeit, doch die dafür zu zahlenden hohen Preise erlaubten keinen Massenverbrauch.

Etwas Treibgemüse gab es auch bei uns in Priedemost, z. B. grüne Petersilie hatten auch die Priedemoster fast das ganze Jahr anzubieten. Da die meisten Gemüseanbauer kein Gewächshaus hatten, wurden eben die Petersilienwurzeln in Holzkästen eingeschlagen und zum Treiben auf helle Fensterbretter gestellt. Die Blätter der glatten Petersilie waren bevorzugt. Zum Verkauf wurden die Blätter mit Stengeln zu kleinen Bündeln gebunden. So ein kleines Bündel kostete dann fünf Pfennig.

Zum Bündeln von Gemüse wurde fast immer ein Hanfgarn einer bestimmten Stärke der Firma Gruschwitz aus Neusalz, verwendet. In Priedemost nannte man dieses bestimmte Garn: Ree-Garn, die Rolle zu 18 Pfennig.

Ähnlich wie bei Petersilie war das Angebot mit Schnittlauch. Ab Januar wurde Schnittlauch in Räumen getrieben, das konnte vom Gewächshaus bis hin zu Kästen auf Küchenfenstern sein. Benutzt wurden dazu Holzkästen, Blumentöpfe und ähnliches. Von April an konnte der Schnittlauch aus dem Frühbeet geschnitten werden und dann später aus dem Freiland. Der geschnittene Schnittlauch wurde erst geputzt, das heißt von eventuellem Unkraut befreit und im Sommer die Blütenstiele ausgesondert und dann gebündelt. Die Größe der Bündel richtete sich auch nach der Jahreszeit, so waren die Bündel im Februar wesentlich kleiner als etwa im Mai - Juni, das Gleiche galt auch für grüne Petersilie. Beim Schnittlauch aus dem Freiland wurden nach dem Binden die gelben Spitzen abgezwickt. Wenn Schnittlauch in größeren Mengen anfiel, wurden zur besseren Schonung und Übersicht die kleinen Bunde nochmals dutzendweise zusammengebunden. Ein weiteres grünes Gewürzkraut war junger Dill, der in kleinen Bündeln vorwiegend im Frühjahr angeboten wurde. Angebot und Bedarf von jungem Dill waren nicht groß, er wurde z. B. für Fischsuppe verwendet.

Für den Wochenmarkt wurde alles Gemüse, das mit Erde in Berührung gekommen war, gewaschen. So auch Radies und Rettich. Radies wurden zu zehn Stück gebündelt, Rettich zu drei bis fünf Stück je nach Größe, nur Winterrettich wurde in der kalten Jahreszeit einzeln verkauft.

Die ersten Möhren, die ab Mai aus dem Frühbeet geerntet wurden, waren die kurzen frühen Karotten. Sie wurden nur in Bündeln verkauft. Anschließend gab es die normalen Mohrrüben, meistens die Sorte Nantaise, wobei auch die ersten, die aus dem Freiland geerntet wurden, noch bündelweise verkauft wurden. So etwa ab Juli wurden die Mohrrüben nur noch pfundweise verkauft. Die Mohrrüben wurden im November in Gruben eingemietet, nur ein kleiner Teil blieb in kühlen Kellern. Zum Verkauf auf dem Markt im Winter mussten die Möhren nicht nur gewaschen, sondern auch einzeln verlesen und schlechte Stellen mit dem Messer ausgeschnitten werden. Für Mohrrüben wurden bis zu acht Pfennig das Pfund erzielt. Wurzelpetersilie, meist zusammen mit Mohrrüben angebaut, geerntet und eingelagert, wurde überwiegend im „Wurzelzeug” verkauft, doch zum Teil auch ähnlich wie Möhren gebündelt oder nach Gewicht. Einige Priedemoster verkauften auch gebundene Petersilienwurzeln ohne Grün auf anderen Märkten bzw. Jahrmärkten. Eines der einträglichen Gemüse für die Priedemoster war der Kopfsalat. Ab Ende März, auf jeden Fall von Monat April an wurde Kopfsalat aus dem Frühbeet geerntet und ab Ende Mai aus dem Freiland. Kopfsalat war nicht nur einträglich, er musste auch beim Ernten und Verkaufen besonders pfleglich behandelt werden. Nach dem Schneiden der Köpfe wurden sie geputzt, gewaschen und in Körbe geschlichtet. Salat musste am ersten Markttag verkauft werden. Einmal übrig geblieben, war er am nächsten Markttag nicht mehr zu verkaufen. Ein paar Beispiele für Preise von Kopfsalat: Ende März 42 Pfennig, um den 1. Mai aus dem Frühbeet 20 Pfennig, im Laufe des Monats Mai sank der Preis auf zehn Pfennig und wenn das große Angebot aus dem Freiland kam, kostete der Kopf Salat noch fünf Pfennig. Zu den Preisen ist zu sagen, dass einige Jahre vor dem Krieg staatlich verordnete Höchstpreise eingeführt wurden. Die Höchstpreise und der Zeitraum waren auf den Pfennig und den Tag genau vorgeschrieben. Es herrschte Auszeichnungspflicht, was auf dem Glogauer Wochenmarkt von der Polizei immer kontrolliert wurde. Verstöße gegen die Höchstpreise auch nur um einen Pfennig wurden beim ersten Ertappen mit 50,- RM bestraft und im Wiederholungsfall mit 500,- RM. Mir sind einige Straffälle namentlich bekannt. Mir ist auch bekannt, dass die kontrollierenden Polizisten nicht gern gesehen und zum Teil auch bei manchen Leuten verhasst waren.

Die heutzutage als Ergänzung zum Kopfsalat angebaute Endivie hatte in Priedemost noch keine Bedeutung, der Anbau war erst im Kommen.

Ein Gemüse von einiger Bedeutung waren auch die Kohlrabi, in Schlesien allgemein Oberrüben genannt. Der Anbau im Frühbeet erforderte tiefe Kästen, so dass es in Priedemost fast nur Freilandkohlrabi gab. Die damaligen Sorten waren noch nicht so dauerhaft weich wie heute, es war daher üblich, mit dem Strunk ein Stück der etwa schon verholzten unteren Knolle mit wegzuschneiden, was einige Kraft erforderte. Etwa ab Ende Mai begann die Ernte der Kohlrabi im Freiland. Unter Glas gezogene Kohlrabi wurden zuweilen auch zu zweien oder dreien gebündelt. Die Preise für Kohlrabi waren etwa ähnlich wie für Kopfsalat.

Kopfkohl konnten die Priedemoster den größten Teil des Jahres auf dem Glogauer Wochenmarkt anbieten. Frühe Sorten bei Wirsing, in unserer Gegend immer als Welschkraut bezeichnet, Rot- und Weißkraut machten eine Ernte schon ab Juni möglich. Andererseits konnte durch späte Sorten und gute Lagerung Kohl, auch Kraut genannt, bis zum Frühjahr erhalten werden. Für den Markt musste Kraut natürlich sauber geputzt werden. Gelbe, angefressene und faule Blätter, sowie überflüssiger Strunk wurden abgeschnitten. Bei pfundweisem Verkauf von Weißkraut waren fünf Pfennig für ein Pfund der Normalpreis. Sehr große Köpfe von Weißkraut wurden auch mal etwas billiger verkauft. Der Preis für Blaukraut und Wirsing (Welschkraut) war etwa um zwei Pfennig über dem von Weißkraut.

Der Blumenkohl wurde ab Juni geerntet und der Letzte manchmal Nov. - Dez. Bei Blumenkohl war es wichtig, dass die Rose bei der Ernte noch weiß war, dies wurde durch genügend Blätter erreicht, die man notfalls einknickte. Blumenkohl musste man spätestens dann ernten, wenn die Rose kleine Risse bekam. Ausgewachsener Blumenkohl schmeckt bitter.

Zwiebeln, ein Gemüse dem Priedemost seine große Bekanntheit zu verdanken hatte, wurden auch von manchen Bauern angebaut, die keinen Stand auf dem Glogauer Markt hatten. Zwiebeln wurden von den Priedemostern das ganze Jahr angeboten. Von den im März - April ausgebrachten Steckzwiebeln wurden die ersten Zwiebeln im Juni mit dem Grün geerntet und dann zwei oder drei zusammengebunden auf dem Wochenmarkt verkauft. Die in Reihen gesäten, feldmäßig angebauten Driller, so genannt, weil mit der Drillmaschine gesät, wurden nach dem Trocknen pfundweise verkauft. Der Preis betrug bis acht Pfennig für ein Pfund. Im Herbst und Winter kauften manche Kunden viele Zentner Speisezwiebeln auf einmal. Im Frühjahr wurden dann auch die Steckzwiebeln angeboten, das Pfund zu 20 Pfennig. Eine Kostbarkeit waren die Beindel, das ist die kleinste Zwiebelsortierung, das Pfund zu 50 Pfennig. Alle Zwiebeln mussten vor dem Verkauf geputzt werden.

Knoblauch wurde in Priedemost natürlich auch angebaut. Im Frühjahr wurden die Zehen gesteckt und im Herbst die Knoblauchzwiebeln geerntet. Auf dem Markt wurde dann der Knoblauch angeboten, der Preis je nach Zwiebelgröße. Auch beim Hausschlachten wurde viel Knoblauch gebraucht.

Zeitig im Frühjahr wurde Spinat gesät, er folgte in der Ernte dem Winterspinat und wurde solange geerntet, bis sich das Schneiden wegen des Aufschießens nicht mehr lohnte. Ab dem Monat August begann die Aussaat für den Herbst- und Winterspinat. Besonders der Winterspinat musste vor dem Verkauf geputzt und gewaschen werden. Der Preis für ein Pfund Spinat betrug um acht bis zehn Pfennig. Den Spinat aus Holland durften Gemüsehändler um ein bis zwei Pfennig teurer verkaufen.

Grüne Bohnen hatte wohl jeder Priedemoster Marktfahrer anzubieten. Frühe Buschbohnen erzielten die besten Preise, doch dann ließen die Qualität der Bohnen und auch die Preise bald nach. Bei den nachfolgenden Stangenbohnen waren die rundhülsigen Sorten, deren Form den Buschbohnen ähnlich war, am gefragtesten. Die in anderen Gegenden so beliebten Feuerbohnen wurden bei uns kaum angebaut. Etwas Farbe in das Angebot brachten die gelben Wachsbohnen. Der Unterschied zu den grünen bestand tatsächlich nur in der Farbe. An einem Markttag übriggebliebene frische Bohnen konnten noch am nächsten Markttag angeboten werden, doch die Qualität hatte dann schon nachgelassen.

Ähnlich wie bei grünen Bohnen war bei grünen Erbsen der Zeitpunkt des Pflückens sehr wichtig. Waren die Schoten noch zu jung, gaben sie gewichtsmäßig zu wenig aus und wenn sie zu alt waren, hatten sie nicht mehr die gewünschte zarte Qualität. Wenn in Priedemost von Schoten gesprochen wurde, dann waren grüne Erbsen, nicht ausgepellt, gemeint. Der Preis für grüne Erbsen war etwas höher als für grüne Bohnen.

Ein ausgesprochenes Sommergemüse waren die Tomaten. Es galt, durch frühe, vorgezogene große Pflanzen, die nach den Eisheiligen an geschützter Stelle im Garten gepflanzt wurden, eine frühe Ernte zu erzielen. Im Monat August kam es dann oft zu einem Überangebot. Vor dem ersten Frost wurden alle einigermaßen ausgewachsenen Tomaten abgenommen und in warmen Räumen zur Nachreife gebracht. Alle Tomaten, die dann noch eine rötliche Farbe bekamen, konnten auch verkauft werden.

Gurken sind ein weiteres Gemüse, das nur bei guter Wärme gedeiht. Die ersten Gurkenkörner wurden in Kisten oder Schalen an einem warmen Platz zum Keimen gebracht. Manche Priedemoster verwendeten zum Ankeimen die „Weideerde”. Weideerde bekam man aus alten Kopfweidenstämmen, die innen bereits hohl waren und mit Hilfe eines Beiles angezapft wurden. Diese sogenannte Erde war das „Erzeugnis” von großen Engerlingen. Die ersten Gurken waren Kastengurken die man im Frühbeet kultivierte und noch pfundweise verkaufte. Im Mai säte man die Freilandgurken oder pflanzte Ende Mai in Töpfen vorgezogene Gurkenpflanzen aus. Die ersten Freilandgurken wurden noch alle als Salatgurken (Schälgurken) verkauft. Bei den Freilandgurken geschah der Verkauf nach Stück, eine Gurke wog zwischen einem halben und einem Pfund. In der Haupterntezeit kostete eine Gurke um fünf Pfennig. In dieser Zeit kamen die ersten Bestellungen für „Einmacher”, so nannte man die Einleger, aus denen die Salzgurken wurden. Einlegegurken konnten wesentlich kleiner sein als normale Schälgurken. Der Verkauf von Einlegern für Salzgurken ging dann gelegentlich schockweise1. Pfeffergurken nannte man bei uns die kleinen Gewürzgurken, für sie wurde oft eine etwas spätere Aussaat gemacht. Noch kleiner als Pfeffergurken waren die Gurken für Mixed Pickles, dafür war die Nachfrage jedoch gering. Den Abschluss im Gurkensommer bildeten die großen meist gelben Senfgurken, mitunter starb mit ihnen die Pflanze ab. Senfgurken wurden nach Gewicht verkauft, waren aber die billigsten von allen Gurkenarten.

Frühkartoffeln sind zwar kein Gemüse im üblichen Sinn, doch viele Priedemoster bauten sie an, um ihre Kundschaft auf dem Glogauer Wochenmarkt damit bedienen zu können. Besonders zeitig waren vorgekeimte Frühkartoffeln. Laut Bodenbenützungserhebung von 1944 wurden in Priedemost 4,88 ha gewöhnliche Frühkartoffeln und 1,02 ha vorgekeimte Frühkartoffeln angebaut. Wahrscheinlich war aber zu dieser Zeit der Anbau von vorgekeimten Frühkartoffeln schon zurückgegangen. Die Preise für ein Pfund Kartoffeln gingen bis auf drei Pfennig zurück.

Zum Gemüse zählen auch einige Rübenarten. Eine besondere Art davon sind die Roten Rüben, die auch dafür bekannt sind, dass sie gegen fiebrige Erkrankungen wirken. Etwa ab Ende Juni wurden Rote Rüben geerntet und ohne Laub pfundweise auf dem Markt verkauft. Die Rüben sollten nicht zu groß sein, so etwa sechs - acht cm Durchmesser, das erreichte man am besten durch Aussaat an Ort und Stelle in Reihen. Rote Rüben wurden auch in Mieten überwintert und bis weit in das Frühjahr hinein angeboten.

Eine weitere Rübenart als Gemüse sind die Kohlrüben, andernorts auch Wruken genannt. In Priedemost wurden nur gelbe Kohlrüben angebaut, die in Schlesien besonders im Winter gern gegessen wurden.

Eine kleine Zusatzeinnahme auf dem Wochenmarkt brachten im Herbst die Kürbisse. Kürbis mit gelber Schale war immer begehrter als Grüner. Der Preis für ein Pfund Kürbis lag bei fünf Pfennig. Natürlich war der Pfundpreis für ausgeschnittene Ware etwas höher als etwa für einen ganzen Kürbis.

Zwei Gemüsearten, bei denen die Ernte und auch der Verkauf auf dem Wochenmarkt nach den ersten Nachtfrösten beginnen konnte, waren der Rosenkohl und der Grünkohl. Die einzelnen abgeschnittenen Rosen des Rosenkohls wurden sauber geputzt, oft erst abends auf dem Küchentisch und waren beim Verkauf fertig zum Kochen.

Beim Grünkohl ist bekannt, dass er unbedingt einen Frost braucht und besonders zum Hasenbraten gegessen wurde.

Viele Gemüsearten hatten wirtschaftlich gesehen keine große Bedeutung, doch zum Angebot eines guten Gemüsestandes des Glogauer Wochenmarktes gehörten sie eben dazu. So auch der Meerrettich. Die Ernte der ca. 30 cm langen fertigen Meerrettichstangen geschah im Frühjahr. Das Schwerste bei der Ernte war, von den senkrecht in den Boden wachsenden Nebenwurzeln etwa 30 cm lange, möglichst starke Stücke zu gewinnen, die dann wieder waagerecht als neue Keime in ein pflanzfertiges Beet gelegt wurden. Ein etwa zehn cm langes Meerrettichstück kostete auf dem Glogauer Markt zehn Pfennig.

Ein Gemüse, das ähnlich wie der Spinat kultiviert wurde, jedoch nur von Nov. - April auf den Markt kam, war die Rapunzel. Rapunzel wurde auf dem Glogauer Markt nicht nach Gewicht, sondern abschätzend mit den Fingerspitzen verkauft. Auf die gleiche Art wurde ein anderes Gemüse verkauft, in Priedemost Suppgriens genannt, eine Mischung bestimmter Kräuter zur Herstellung der „Frühlingssuppe”2.

Porree konnten die Priedemoster fast das ganze Jahr anbieten. Die ersten Stengel wurden im Sommer ausgegraben und der letzte Porree im späten Frühling, wenn die Stengel lang wurden und Samenstände entwickelten.

Sellerie war ein Gemüse, das meist nicht in großen Mengen verkauft wurde, doch als Teil des Wurzelzeuges immer wichtig war. Für den Bedarf im Winter - Frühjahr wurde Sellerie meistens in Gruben eingemietet.

Das schon mehrmals als Wurzelzeug erwähnte Gemüse hatte etwa folgende Zusammenstellung: für fünf Pfennig eine kleine Möhre, eine kleine Petersilienwurzel und ein Stück Sellerieknolle. Für zehn Pfennig Wurzelzeug gab es das Gleiche etwas größer und nach Möglichkeit einen kleinen Stengel Porree dazu.

Für einige Gemüsearten gehörten gewisse Beigaben dazu und wurden ohne Aufforderung und Mehrpreis mitgegeben: z. B. bei Schnittbohnen das Bohnenkraut, in Priedemost meist Pfefferkraut genannt, zu Einlegegurken Dill und Estragon, zu Pfeffergurken gab man etwas Basilikum mit. In Priedemost war das kleinblättrige Basilikum üblich.

Ein Gewürz, das wohl von vielen Priedemostern angebaut wurde, doch überwiegend dem Eigenverbrauch diente, war der Majoran, viel verwendet bei Hausschlachtungen und - den Brühkartoffeln.

Einzelne Priedemoster verkauften auch eine beschränkte Anzahl von Gemüsejungpflanzen. Sie wurden nach Mandel¹ und Schock verkauft. Die Preise für ein Schock Salatpflanzen: Sämlinge 0,60 RM, pikierte Salatpflanzen 1,- RM.

Diese bisherigen Ausführungen zeigen, dass die Vielseitigkeit und der Umfang des Gemüseanbaues in Priedemost den damaligen Bedürfnissen des Glogauer Wochenmarktes gerecht wurde. Etwa 55 Priedemoster Familien waren auf dem Glogauer Markt mit einem Gemüsestand vertreten und doch stellten sie auf diesem umfangreichen Wochenmarkt nur einen Teil dar. Natürlich gab es noch weitere Gemüsegärtner, Blumengärtner, Händler für Gemüse, Obst und Südfrüchte, Fleischer, Stände für Wild und Geflügel, Eier und Küken, vier Stände der Berufsfischer mit allen in der Oder vorkommenden frischen Fischen und Krebsen, ein Stand mit Räucherfischen. Im Sommer waren viele kleine Stände mit Pilzen und Beeren und das ganze Jahr kleine Stände mit Kienspänen und Brennholz. Ein Gang durch die Reihen der Marktstände konnte sehr interessant sein.

Käufer auf dem Glogauer Wochenmarkt war fast immer die Hausfrau persönlich. Kritisch und mit großem Verständnis für Qualität, tätigte sie ihren Einkauf. Nur selten erschien auch mal eine Hausangestellte.

Für einiges Gemüse wich die mundartliche Aussprache in Priedemost mitunter stark von der hochdeutschen Bezeichnung ab, hier ein paar Beispiele:

Bunn = Bohnen, Mairon = Majoran, Pitterschilk = Petersilie, Till = Dill, Kirps = Kürbis, Zoaler = Sellerie, Zwibbeln - Zwibbuon = Zwiebeln.

Anmerkung:
1 Mandel = 15 Stück, Schock = 60 Stück
2 Näheres dazu im Neuen Glogauer Anzeiger Nr. 4/1982


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